Jahresrückblick 2014
Viel ist im letzten Jahr passiert in der Welt der digitalen Spielkultur. Wer liegengebliebene Artikel noch einmal durchstöbern und das vergangene Jahr Revue passieren möchte, dem sei der folgende Jahresrückblick 2014 ans Herz gelegt. Hier sind die spannendsten und meist diskutierten Beiträge noch einmal kurz zusammengefasst.
Jugendmedienschutz
Als Jugendschutzbeauftragter von Electronic Arts und Vater zweier Kinder ist der Jugendmedienschutz natürlich immer ganz oben auf meiner persönlichen Agenda. Dieser steht in meinen Augen auf drei wichtigen Säulen: (1) Der gemeinsamen Aufgabe von Eltern, Schulen, Erziehern und Medienanbietern zur Steigerung der Medienkompetenz bei Kindern und Jugendlichen, (2) den technischen Hilfsmitteln wie Jugendschutzprogramme, sowie (3) der Politik zur Sicherung und Regulierung von Inhalten. Auch im letzten Jahr habe ich natürlich wieder die aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich verfolgt.
- Bevor ein Computer- oder Videospiel in Deutschland auch an Minderjährige verkauft werden kann, muss es sich einer kritischen Prüfung durch die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) stellen. Damit ist die USK unbestritten eine der wichtigsten Institutionen des Jugendmedienschutzes in Deutschland. In diesem Jahr feierte die USK den 20. Jahrestag ihres Bestehens. Grund genug mich in einem Artikel mit der Geschichte der Institution zu befassen und ein Interview mit ihrem aktuellen Geschäftsführer Felix Falk zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Jugendmedienschutzes zu führen.
- Auch in die Diskussion um einen neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)kam 2014 neue Bewegung. Nachdem 2010 der letzte Entwurf für einen neuen JMStV nicht zuletzt daran scheiterte, dass weder die ‘Netzgemeinschaft’ noch die Medienpädagogik in den Entwicklungsprozess mit eingebunden wurde, wurde dieser Punkt nun explizit von den zuständigen Akteuren eingefordert. Zu diesem Zweck gab es eine rege Online-Diskussion, deren Positionen in Arbeitspapiere zu der Gesetzesnovelle eingeflossen sind. Ich bin guter Dinge, dass hier ein zukunftssicherer, gesetzlicher Rahmen für den Jugendmedienschutz geschaffen wird.
Die Diskussion um den neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag ist eröffnet
Wie geht’s weiter mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag?
Diskussion um einen neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag geht in die zweite Runde
JMStV: Stellungnahmen von BIU, USK und JusProg
- Jugendmedienschutz kann in Zeiten der digitalen Verbreitung von Medieninhalten auf rein nationaler Ebene kaum noch wirksam funktionieren. International anerkannte Regelungen und Vorgaben sind hier nötig. Eine Institution, für solche internationalen Leitfäden ist das UNO-Gremium „Child Online Protection (COP) Initiative“. Dieses hat 2014 seine Leitfäden zum Schutze von Kindern und Jugendlichen aktualisiert und veröffentlicht
- Ein wichtiger Aspekt unter dem Jugendschutz und digitale Spiele diskutiert werden, ist das Thema „Computerspiele und Sucht“. Um meine Positionierung in diesem Gefährdungsdiskurs einmal klar zu verorten, habe ich meine sechs Kernthesen dazu einmal zusammengefasst.
- Auch 2014 gab es leider wieder Beispiele für eine unverständliche Medienberichterstattung zum Thema Computer- und Videospiele. Gerade unter der Prämisse, dass der Diskurs um digitale Spiele inzwischen sehr unaufgeregt stattfindet umso ärgerlicher, wenn man sich bei einer Anmoderation nur an den Kopf packen kann.
Hintergrundbeiträge
Computer- und Videospiele sind heute ein wesentlicher Teil der Unterhaltungsindustrie. Neben den etablierten Angeboten ist dieses noch relativ junge Medium innerhalb weniger Jahre zum festen Bestandteil unserer Gesellschaft und Kultur geworden. Dabei ist es ein dynamisches und innovatives Medium, dass sich den aktuellen Entwicklungen stets anzupassen wusste. Welche Entwicklungen im letzten Jahr zu beobachten waren und welche Einflüsse es auf verschiedenste gesellschaftliche Bereiche nimmt, wurde in diesen Beiträgen thematisiert:
- Spielerische Elemente oder die Technik hinter den Spielen sind inzwischen in fast allen Bereichen des Lebens integriert. Auch die Kunstszene bedient sich bei der Entwicklung neuer Werke zunehmend beim ursprünglichen Unterhaltungsmedium digitales Spiel. Ein schönes Beispiel dafür ist die Arbeit der Theatergruppe machina eX, die in ihren Stücken den Zuschauern aus Videospielen bekannte Interaktionsmöglichkeiten bieten und durch deren aktive Einbindung eine moderne, interaktive Dramaturgie schaffen.
- Einer der Gründe für diese Entwicklung ist sicherlich die zunehmende Demokratisierung der Produktionsmittel bei digitalen Spielen. Waren diese früher hauptsächlich großen Konzernen vorbehalten, zeigt sich zunehmend, dass auch kleine Teams die faszinierendsten Dinge entwickeln können.
- Eines der Highlights in diesem Jahr war natürlich wieder die gamescom in Köln.
Die Spiele, die aus der Kälte kommen – Nordic Region ist Partner der gamescom 2014
- Ein weiteres bestimmendes Thema in diesem Jahr war die so genannte #gamergate-Affäre. Ohne im Detail auszuführen worum es geht (die hier vorgestellten Artikel fassen das ganze sehr gut zusammen) sei nur kurz gesagt, dass es in diesem Zusammenhang zu einer Reihe sehr unschöner Vorfälle und Äußerungen gekommen ist. Beteiligte Personen, wie Anita Sarkeesian wurden aufs übelste beschimpft und massiv bedroht. Und das alles, obwohl es doch eigentlich nur um Spiele geht.
- Andreas Lange (Direktor des Computerspielemuseum in Berlin) in einem Interview über seine Sicht von digitalen Spielen in unserer Gesellschaft.
- Computer- und Videospiele sind reine Unterhaltung! Sicherlich ist diese Sichtweise mit Blick auf die Vergangenheit in vielen Fällen zutreffend, sie kann jedoch gerade in den letzten Jahren einer genauen Betrachtung nicht mehr standhalten. Das Medium hat seine Adoleszenz verlassen und ist erwachsen geworden. Immer mehr Geschichten befassen sich nicht mehr nur mit heroischen Epen, sondern berühren die Spieler auch mit unangenehmen Themen und Entscheidungen.
Das Schuldgefühl als ästhetisches Mittel in Computer- und Videospielen
Wissenschaft, Forschung, Politik
Neuste Erkenntnisse zum Medium digitales Spiel und die wichtigsten Debatten des Jahres:
- 2014 war es wieder so weit. Die Clash of Realities hat in Köln erneut ihre Pforten geöffnet und mit spannenden Beiträgen rund um Games und Wissenschaft aufgewartet. Wer mag kann die Veranstaltung im Nachgang noch einmal in schriftlicher Form verfolgen. Clash of Realities: Vielen Dank! Es hat Spaß gemacht.
- Nachdem es im Vorjahr verhältnismäßig still um den Deutschen Computerspielpreis war, gab es in diesem Jahr hier umso mehr positiven wie negativen Rummel. Anfang des Jahres führte schon der Wechsel der Zuständigkeit für den DCP zu einigen Diskussionen. Diese wanderte weg von der Kulturstaatsministerin hin zum Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Ein Schritt der von vielen durchaus kritisch gesehen wurde. Im Sommer dann verkündeten, kurz vor der Preisverleihung, zwei Jurymitglieder medienwirksam ihren Abschied aus Protest gegen einen Passus in den Vergabekriterien, nach denen sich die Jury zu richten hat. Der Einfluss der Politik auf den Preis sei zu hoch und das Medium digitales Spiel würde nur wie ein Kulturgut 2. Klasse behandelt. Die Kritik wurde aufgenommen und der Preis für 2015 einer Reform unterworfen. Der vormals skeptisch gesehene Wechsel der Zuständigkeit scheint sich bezahlt gemacht zu haben.